Partizipation und Beschwerdeführung

Im Kinder-und Jugendhilfegesetz (KJHG) unter §8 steht: „Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte hinzuweisen.“

Partizipation, die Teilhabe an Entscheidungsprozessen, stellt ein wichtiges Erziehungsziel dar. Kinder sollen frühzeitig ihre eigenen Interessen vertreten können und so, durch Aushandlungsprozesse mit anderen Kindern und Erwachsenen gemeinsame Lösungen für ihre Wünsche und Probleme finden. Dieser Prozess benötigt viel Einfühlungsvermögen, Zeit und muss langsam wachsen.

Bei der Umsetzung achten wir auf das entsprechende Alter der Kinder und deren Entwicklung.
Unsere Aufgabe ist es die Kinder zu begleiten und sie als Experten ihres eigenen Lebens ernst zu nehmen, ihnen offen und interessiert gegenüber zu treten und uns von ihren Meinungen, Ansichten, Ideen und Wünschen inspirieren zu lassen. Partizipation heißt auch Verbindlichkeit und ist für uns eine Haltungsfrage, die sich durch all unsere Arbeitsprozesse zieht - wir begleiten Aushandlungsprozesse, die zu einem Ergebnis führen. Wir gehen in den Dialog mit Kindern, tauschen uns aus, bringen ebenso unsere Meinungen und Erfahrungen mit ein und zeigen Möglichkeiten und Probleme auf.

Die Grundrechte für Kinder sind bereits  gesetzlich geregelt - unsere Aufgabe besteht darin diese Rechte zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Kita-Alltags werden zu lassen und die Kinder über ihre Rechte aufzuklären.

Für die Arbeit in der KiTa bedeutet das konkret, dass die Kinder ihren Tagesablauf selbst mitgestalten können und an vielen Entscheidungen beteiligt sind, wie z.B.

  • welche Bildungs- bzw. Funktionsbereiche sie für sich nutzen, d.h. mit wem, wo und was sie spielen möchten
  • Essen und Mahlzeiten: sie entscheiden was und wieviel sie essen möchten und helfen bei der Erstellung des Speiseplans
  • Mitbestimmung bei der räumlichen und zeitlichen Gestaltung der Kita
  • Mitbestimmung bei gruppeninternen Themen, Angeboten und Projekten
  • Gemeinsames Entwickeln von Regeln für das Zusammenleben in Gruppe und Einrichtung
  • Mitbestimmung bei der Anschaffung neuer Materialien
  • Schlafen und Mittagsruhe – sie entscheiden ob und wie lange sie schlafen möchten und suchen die Schlafplätze selber aus
  • Wickeln und Toilettengänge – Kinder entscheiden wann und von wem sie gewickelt werden bzw. wann sie auf die Toilette gehen (selbstverständlich werden hier Zeitfenster mit den Kindern abgesprochen).
  • Planung und Mitgestaltung von Festen und Feiern.
  • etc.

Bei dieser Fülle von Beteiligungsmöglichkeiten stehen für uns folgende Aspekte im Vordergrund.

Die Kinder lernen:

Verantwortung

  • für die Gemeinschaft zu entwickeln
  • für die eigenen Interessen zu nehmen
  • durch verbindliche Absprachen zu treffen
  • Entscheidungen zu treffen und zu tragen

Selbstbestimmung

  • Wünsche und Ideen formulieren
  • Entscheidungsmut zu bekommen
  • Seine Selbstwirksamkeit zu erleben (ich kann was bewegen/verändern)
  • Meinungen bilden und äußern

Gemeinschaftserfahrungen

  • Mehrheitsbeschlüsse erfahren und akzeptieren
  • Stärkung des Gruppengefühls

Ihre Interessen, Meinungen, Ansichten, Ideen und Wünsche können die Kinder in den wöchentlichen Kinderkonferenzen und in Einzel-und Gruppengesprächen äußern.

Die Mitarbeiter der Einrichtung sind dabei sowohl für verbale als auch nonverbale Signale der Kinder sensibilisiert. Interessen und Meinungen können verschieden sein - Unzufriedenheit der Kinder nehmen wir ernst. Die Kinder unserer Einrichtung sollen die Fähigkeit entwickeln ihre eigene Meinung zu bilden, diese frei zu äußern und sie zu vertreten - dabei achten wir auf einen achtsamen Dialog. Wir hören aktiv und wertschätzend zu, halten unser Erwachsenenwissen weitestgehend zurück, nehmen eine fragende Haltung ein und versuchen zu verstehen.

Die Kinder werden von uns dabei unterstützt eine Gesprächs-und Streitkultur zu entwickeln. So entsteht eine erste Form einer Beschwerdekultur mit offener und wertschätzender Haltung.

Folgende Beschwerdewege stehen den Kindern bei uns offen:

  • Immer und zu jeder Zeit können im Kita Alltag „4- Augen Beschwerden“ geäußert werden
  • Morgenkreise
  • Kinderkonferenzen/Kindervollversammlungen (Abschlusskreise)

Alle Beschwerden der Kinder werden von den Mitarbeitern schriftlich festgehalten und ausgewertet. Anschließend werden gemeinsam mit den Kindern zeitnahe Lösungsmöglichkeiten erarbeitet.

Eltern

Unsere Zusammenarbeit mit den Eltern gestaltet sich ebenfalls partizipatorisch.

Es gibt regelmäßigen Austausch zwischen den Erzieherinnen und den Eltern. Die Eltern erhalten Möglichkeiten, sich in den Alltag mit einzubringen – hierzu gibt es einmal jährlich einen Umfragebogen, in dem die Eltern ihre Beteiligungswünsche selbst eintragen können und eine KiTa Information mit Beispielen von möglichen Elternmitwirkungen. Für den Austausch untereinander gibt es bei uns außerdem das Eltern Café und eine offene Gesprächsrunde mit der Erziehungsberatung. Eine jährliche Zufriedenheitsumfrage, gibt Meinungen und Wünsche der Eltern kund und ist Grundlage für unsere Weiterentwicklung der bedarfsgerechten Angebote.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist die Basis von Beschwerdeverfahren. Gleiches bezieht sich auf Beschwerden von Eltern. Sie sind Experten ihrer Kinder, für uns Erziehungspartner und sollen grundsätzlich ihre Kritik, Wünsche, Anregungen und Ideen äußern. Hierzu ist im Eltern Café ein Elternbriefkasten bereitgestellt. Die Eltern haben so die Möglichkeit sich auch anonym äußern zu können –  ebenso dient dazu der Elternrat, der eine wichtige Brücke zwischen Eltern und
Fachkräften bildet.

Bei Elterngesprächen aller Art können die Eltern ebenfalls Beschwerden an die Mitarbeiter oder an die Leitung herantragen. Auch in der jährlichen Zufriedenheitsabfrage sind Wünsche und Kritik gefragt. Eine Auswertung dieser Abfrage wird mit dem Elternrat besprochen und anschließend für alle Eltern ausgehängt.

Beschwerden sehen wir als Kommunikationsangebot und als generelle Chance unserer Arbeitsprozesse zu verbessern. Wir stehen Beschwerden offen gegenüber, gehen ihnen sorgfältig nach und verstehen diese als konstruktive Kritik.

Beschwerden werden schriftlich festgehalten, möglichst zeitnah bearbeitet und gemeinsam mit den Beschwerdeführenden nach Lösungsmöglichkeiten und Korrekturmaßnahmen gesucht – dabei wird ein Zeitfenster besprochen und nach dessen Ablauf reflektiert, ob alle Beteiligten mit den getroffenen und umgesetzten Lösungen und Korrekturmaßnahmen zufrieden sind.